
Sie kennen das. Ein Kunde beschwert sich, und die erste Reaktion Ihres Teams ist: „Das machen wir immer so“. Oder Sie schlagen eine Verbesserung vor und hören: „Das haben wir aber immer so gemacht.“
Was wäre, wenn ich Ihnen sage, dass ein einziges Wort diese Blockade auflösen kann? Oder zumindest auflockern. Eine neue Perspektive geben und die Tür öffnen für eine neue Denkweise.
Dieses Wort ist: BISHER.
Das Gehirn umprogrammieren
Unser Gehirn ist darauf programmiert, Gewohnheiten zu schützen. “Das machen wir immer so” ist ein wenig wie ein Schutzschild. Man spürt: Hier ist alles sicher, hier muss sich nichts ändern.
Wenn ich anders formuliere, also “Bisher haben wir das so gemacht” bedeutet das: Bis gerade eben, bis kurz vorher – auf jeden Fall nicht neuer als jetzt eben noch. Es baut keine Blockade auf, keine Mauer, die uns davon abhält, etwas anders zu machen, sondern öffnet den Blick nach vorne: “Bisher haben wir das immer so gemacht – ab jetzt probieren wir es anders.” und “Bisher haben wir das immer so gelöst – jetzt gehen wir neue Wege.” (Ohne, dass das jemand vollständig aussprechen würde, es geht um den Impuls beim Denken.)
Kleines Praxisbeispiel aus der Beratung
Ein Sekretariat, das ich vor langer Zeit mal begleitet habe, hat täglich 20 Minuten aufgebracht, um Termine zu sortieren. “Das machen wir schon immer so”, hieß es. Nach dem Reframing zu (wer mich kennt, hört mich jetzt schon in humorvoll-sarkastischem Ton) “naja, BIS HEUTE haben Sie das so gemacht” dauerte es nur fünf Minuten, bis das Team selbst neue Vorgehensweisen vorschlug. Wir haben damals gemeinsam einen neuen Ablauf ausgearbeitet. Ab dann brauchten Sie nur 5 Minuten und hatten seither 15 Minuten mehr Zeit für Kunden, jeden einzelnen Tag.
Gerade jetzt, wo KI ständig irgendeinen kleinen oder großen Prozess ersetzt oder ergänzt. Dadurch prasseln Neuerungen und Prozessverbesserungen, Effizienzsteigerung, neue Tools, etc. heute noch schneller auf alle Beteiligten ein als je zuvor. Wenn eine Veränderung kommt, muss das Team offen sein für Neues. Nicht auf die selbe Weise wie bisher, sondern flexibler, denn die Veränderung wird sich wieder verändern. Ziemlich bald vermutlich schon, denn die Entwicklungen sind schnell. Mit dem Bisher-Mindset wird aus “Das haben wir aber schon immer so gemacht” plötzlich “Bisher haben wir das soundso gemacht. Was ist jetzt oder künftig möglich?
Die Psychologie dahinter
Neurologisch gesehen aktiviert “immer so” das Belohnungssystem für Gewohnheiten. Ein “bisher” hingegen aktiviert den Bereich für Problemlösung und Kreativität.
Sie programmieren quasi buchstäblich Ihr Gehirn und das Ihrer Teammitglieder/ Kolleginnen oder Mitarbeiter um.
Sofort-Umsetzung
Zwei konkrete Wege (und ein Tipp), die Sie heute noch umsetzen können:
Weg 1: Selbstmotivation
Hängen Sie sich einen Zettel an den Bildschirm: Bisher = Möglichkeit zur Veränderung. Immer wenn Sie etwas tun, halten Sie kurz inne und sagen/ denken: “Bisher habe ich das soundso gemacht. Und jetzt?”
Weg 2: Team-Meeting mit Fokus
Schreiben Sie als große Überschrift an die Wand/ ans Whiteboard: BIS JETZT oder eben “bisher”. Denn bis heute haben wir dies und das soundso gemacht, ab jetzt denken wir über neue Lösungen nach. Machen Sie es zur Regel: Jeder Prozess wird einmal hinterfragt. Was wir bisher gemacht haben, hatte einen Grund, aber vielleicht ist dieser Grund (oder das Ziel) heute nicht mehr aktuell. Alle nehmen sich diese neue Denkweise als Grundlage für die nächsten x Stunden Meeting/ Workshop/ etc. Probieren Sie es aus!
Tipp: Der Kundenorientierungs-Check
Fragen Sie bei jedem Prozess: Bisher haben wir das immer so gemacht und vielleicht ist es sinnvoller, etwas anders zu machen. Vielleicht macht es Sinn, den Kunden* früher einzubinden? Oder die Reihenfolge zu ändern? Alles zu verwerfen und neu zu gestalten? Oder einfach nur der Zeit und dem technologischen Standard anzupassen oder den neuerdings üblichen Verhaltensweisen anzupassen?
Warum das alleine oft nicht funktioniert
Hier ist das Interessante: Auch wenn jemand vor Ihnen steht und sagt “Das haben wir schon immer so gemacht”: Die zweite Hälfte des Satzes wird nie ausgesprochen: “das möchte ich nicht ändern” (oder “ich mag nicht drüber nachdenken, ob es was zu ändern gibt”). Diese zweite Hälfte sagt zwar keiner, aber genau das ist die Botschaft. Und fördert die sozusagen falsche innere Einstellung.
Deshalb gilt es, diesem Widerstand etwas entgegenzusetzen: Bisher war es so; ab jetzt machen wir es anders.
Das Problem: Viele Unternehmen versuchen diese Veränderung alleine. Sie fangen motiviert an, aber nach zwei Wochen ist das alte Muster zurück. Warum? Weil es mehr braucht als gute Vorsätze. Oft braucht es systematische Begleitung.
Manchmal funktioniert ein großer Shift mit einem kleinen Wort, manchmal braucht es mehr. Die richtige Struktur, die richtigen Fragen und vor allem: jemanden, der den Prozess begleitet. 😉
Fazit
Wenn Sie neugierig geworden sind, wie das auch in Ihrem Unternehmen funktioniert, dann schreiben Sie mir!
Ihre
Sina Kistner
P.S.: Inspiration für diesen Beitrag war eine kurzer spontaner Podcastfolge, die ich nach einem Workshoptag eingesprochen hatte. Hören Sie doch mal in die kurze Episode, z. B. auf Spotify rein.
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*Kunde wird hier nicht als einzelne Person genannt, sondern als Zielgruppe an sich und nur deshalb nicht von Kundinnen und Kunde gesprochen.