Kundenservice mit Ticketsystem – Tolle App, schlechter Flow im Ticketservice. Ein Beispiel.

Ticketsystem Helpdesk

„Ihr Premiumzeitraum endet!“ – Mit dieser verwirrenden E-Mail startete ein Erlebnis der besonderen Art in Sachen Kundenservice letzte Woche. Und ich selbst war der Kunde. Jetzt könnte man meinen, das sei ein gefundenes Fressen für mich. Allerdings habe ich dieses Gefühl nur dann, wenn sowieso alles schief läuft und dann noch etwas allem die Krone aufsetzt. Das war hier nicht der Fall, denn das Produkt an sich ist klasse. Aber mal von vorn:

Tolle App – schlechter Flow im Ticketsystem

Vor ungefähr zwei Monaten fand ich eine App. Anfangs war die natürlich in Premiumfunktion (Testzeitraum). Als der endete, ich musste mich zwischen dem einen und anderen Paket entscheiden. Was das war, weiß ich gar nicht mehr, jedenfalls hab ich den kleinsten Umfang gewählt, denn der reicht für den angestrebten Zweck. Seither macht mich die App natürlich regelmäßig an verschiedenen Stellen darauf aufmerksam, dass es hier und da mehr zu sehen gäbe, hätte ich denn nun Premium (die Statistiken zum Beispiel). Ständig daran erinnert, war also klar: Premium hab ich nicht.

Premium oder nicht?

Dann also besagte E-Mail mit dem Text „Teste die PLUS-Funktionen noch einen Tag. Und wenn du sie weiterhin nutzen möchtest: Bei den Paketen Premium, Gold oder Platin, sind sie inklusive.“

Wer Verwirrung stiftet, erhält Nachfragen

Soweit so verwirrt, also antwortete ich auf diese E-Mail und fragte nach, was das auf sich hat. Prompt kam eine automatische Nachricht zurück: „Wir benötigen weitere Angaben.“ Okay, die Anfrage geht also in ein Ticketsystem, nicht außergewöhnlich:

Man bat mich nun also um weitere Angaben, um „mein Anliegen schnell bearbeiten zu können“. Das verstehe ich und ist auch grundsätzlich eine gute Idee, bevor sich überhaupt jemand ans Bearbeiten macht. Automatisiert eben, prompt. Ich solle auf einen Link klicken. Selbstverständlich folgte ich der Anweisung und fand was vor? FAQ*. Verschiedene Boxen mit Themen wurden mir angezeigt, hinter denen ich nachlesen könne, was mich interessiert. Klar, man versucht Fragen immer erstmal so zu klären, allerdings hatte ich das nicht erwartet, wenn die Bitte um „weitere Angaben“ gemacht wird.

FAQ – Da hab ich eh ne Meinung* zu …

Falls meine Frage nicht geklärt würde, durchs Lesen der FAQ, solle ich das Anfrageformular ausfüllen. Das war der Punkt, an dem ich mich ärgerte! Ich hatte eine Frage gestellt, dann bekomme ich zurück, ich solle die FAQ lesen und wenn ich dann immer noch nicht schlauer bin, dann NOCHMAL eine Anfrage stellen. Ich hätte also zuerst meine ausgehenden E-Mails durchsehen müssen, um überhaupt meine urpsrüngliche Frage wieder zu finden, damit ich sie nicht nochmal ausformulieren muss, denn ich hatte nur die automatische Nachricht bekommen und keine klassische Antwort auf meine E-Mail mit zitiertem Nachrichtentext.

Funktioniert das Ticketsystem doch komfortabel?

Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wußte: Mein ursprünglicher Text steht schon im Anfrageformular, das ich ausfüllen soll. Das wiederum erscheint aber erst, wenn ich mich durch mehrere kaskadenartig aufgebaute Boxen mit FAQ-Themen geklickt habe. Zuvor erscheint „Anfrage per Formular“ nicht anklickbar farbig. An der Stelle wird also der User verärgert, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre:

Das geht besser. Versprochen!

Was also fehlt, ist der Hinweis, dass der ursprüngliche Text schon übertragen ist. Ebenso der Hinweis darauf, dass man sich doch bitte durchklickt. Was auch wiederum verbesserungswürdig ist, denn so richtig passte keine der ersten vier angezeigten Boxen. Ich habe mich also willkürlich durchgeklickt, damit überhaupt das Formular erscheint. Und das auch nur, weil ich natürlich neugierig bin wie es weitergeht. Schließlich hatte ich da schon Potential gewittert für eine Podcastfolge. (Und weil ich ja nicht nur aufzeigen will, wie es nicht geht, kontaktiere ich die App-Betreiber natürlich auch. LinkedIn sei Dank sind die Wege ja kurz.)

Es bleibt spannend.

So, jetzt schicke ich die Anfrage (für den User gefühlt „nochmal“) raus (für den Profi startet überhaupt das Ticket erst) und warte ab, was passiert. In der Zwischenzeit nehme ich die Podcastfolge auf und ergänze hier dann später, wie es weiterging.

Achtung bei Ticketsystemen

Ticketsysteme sind grundsätzlich sehr hilfreich, finde ich. Sie ermöglichen einen Überblick, Teamwork wird einfach, Statistiken helfen im Verbesserungsprozess, usw. Allerdings ist es wichtig, sich noch genauer in den Anwender hineinzuversetzen als ohnehin schon. Selbst so Kleinigkeiten wie „wie unten angegeben“ und beim Empfänger erscheint die besagte Information aber oben, weil seine Ansicht anders angeordnet ist, sind zu berücksichtigen (mehr dazu siehe Kundenservice im Onlineshop: 4 Tipps für den Alltag im Team Customer Care!).
Wer da anfängt und konsequent am Ball bleibt, auch die andere Seite regelmäßig zu testen, seltsame Verhaltensweisen von Kunden zu notieren und immer wieder nachzubessern, der kann von einem Ticketsystem nur profitieren und Kunden glücklich machen.

Dieser Beitrag wird derzeit als Podcastfolge vertont.

* Bei FAQ handelt es sich um frequently asked questions also regelmäßig – immer wieder auftauchende – Fragen von Kunden/Anwendern. Man darf sich die Frage stellen, natürlich selbstkritisch, wann man solche Fragen in die FAQ aufnimmt und wann besser als Task fürs Entwicklerteam (oder was immer dem entspricht, je nach Produkt/Dienstleistung) aufnimmt, damit das Produkt (oder die Beschreibung/ die Benutzerhinweise/ etc.) dahingehend verbessert wird, dass diese Frage nicht mehr auftaucht.

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