Wenn kundenfreundlich antworten schief geht.
Für alle, die es noch nicht wissen: Das liebe twitter ist ein unerschöpflicher Quell (siehe auch Kunden erziehen) an Geschichten von Kunden aus der Hölle genauso wie Dienstleistern oder Geschäften in Absurdistan. Heute gelesen: Anfrage per Mail, Antwort per Mail bittet um Anruf. Öhm, ja. Aber jetzt mal der Reihe nach:
In meiner Timeline fand sich heute folgender Tweet: „Wenn ich per Mail statt per Telefon einen Termin anfrage und die Dienstleister zurück schreiben, wir könnten gerne einen Termin vereinbaren, ich soll doch kurz anrufen. Nehme demnächst „ich will bitte nicht telefonieren, deshalb schreibe ich“ in die Signatur auf.“ — fliggerit (@fliggerit) 25. Februar 2019
Wenn ich per Mail statt per Telefon einen Termin anfrage und die Dienstleister zurück schreiben, wir könnten gerne einen Termin vereinbaren, ich soll doch kurz anrufen.
Nehme demnächst "ich will bitte nicht telefonieren, deshalb schreibe ich" in die Signatur auf.
— fliggerit (@fliggerit) February 25, 2019
Ist diese kleine Empörung nun albern oder gerechtfertigt?
Warum um alles in der Welt bittet also die antwortende Partei um einen Telefonanruf für die Terminvereinbarung? Wie albern könnte man meinen und wie unpassend. Wenn wir allerdings mal einen Moment das Gute im Menschen vermuten, dann kann ich Ihnen sagen, liegt der Grund wo ganz anders. Im Trainingsalltag bekomme ich auch ganz oft erklärt, warum man dies oder jenes tue, schließlich diesunddas begründbegründ. Für dieses Beispiel häufige Antwort: Wir bitten um einen Rückruf für die Terminvereinbarung, weil das doch für Kunden viel angenehmer ist, als zig mal hin und her zu schreiben. Beim Telefonieren hat jeder den Kalender vor Augen und wir können den Termin viel besser und leichter ausmachen. Klingt schlüssig. Kommt aber so nicht an. Viel mehr kommt man sich als Schreibender womöglich bevormundet vor, schließlich habe man ja Kontakt per E-Mail aufgenommen, weil man eben NICHT telefonieren kann oder will.
Das geht besser! Versprochen.
Genau hier gilt es also eine Vorgehensweise zu erarbeiten, die das besser löst. Zwei Möglichkeiten:
a) Es ist möglich, per E-Mail zwei konkrete Terminvorschläge zu unterbreiten und diese im Kalender solange freizuhalten (als potentiell vergeben zu markieren), bis einer davon bestätigt wird. Bei zweien wird meistens einer passen. Und es ist absolut legitim anzumerken, dass die Vorschläge 48 Stunden oder beispielsweise 3 Tage freigehalten werden. (Und die umgekehrte Ergänzung aus b) für die telefonische Vereinbarung lässt sich problemlos anhängen.)
b) Es ist nicht möglich nach a) zu verfahren. Zum einen, weil das Aufkommen an Terminanfragen viel zu groß ist (dann wäre vielleicht endlich mal Terminvereinbarung online einzuführen) oder weil die Struktur oder Technik das nicht zulässt (oder schlicht die Vorschriften, über die wir hier nicht streiten wollen). Dann ist es doch ganz einfach, ein Telefonat vorzuschlagen und alle, die eine solche Nachricht empfangen, wissen zu lassen, dass dies die Sache erleichtet: „Vielen Dank für Ihre Terminanfrage. Lassen Sie uns doch telefonisch einen Termin vereinbaren, damit die Abstimmung schnell gelingen kann und wir einen für Sie passenden Terminslot finden können. Sie erreichen mich …“. Wichtig ist hierbei auf keinen Fall auszulassen, dass eine Terminvereinbarung (allein schon aus Inklusionsgründen) natürlich auch per E-Mail möglich ist: „Falls Sie lieber per E-Mail einen Termin vereinbaren möchten, senden Sie uns doch einige Terminvorschläge. Einen davon können wir sicherlich umsetzen.“
Freundlich gemeint vs freundlich empfunden
In der weiteren Diskussion auf twitter sehen wir nämlich, dass vermeintliches Entgegenkommen ohne Hinweis u. U. überhaupt nicht so verstanden wird. Vor allem dann nicht, wenn auch noch E-Mail und Telefon parallel als Möglichkeit zur Terminvereinbarung angegeben wird. Hier rate ich immer zu Achtsamkeit. Und womöglich klareren Anweisungen von der Etage, die sich ausgedacht hat, auf der Website freundlich alle möglichen Kanäle zu nennen. Und umgekehrt erwarte ich von MitarbeiterInnen, dass sie sich auch mal auf der Firmenwebsite umsehen, was denn da so alles „versprochen“ wird. Das zu wissen, lässt einen womöglich auch anders antworten.
Hier einer der Antworttweets:
„Mir letztens auch passiert, dabei stand auf der HP klar, dass Terminvereinbarung per Telefon oder Mail ginge. Tja, Mail dann wohl doch nicht. Hab dort jetzt immer noch keinen Termin.“ — Alexandra (@starfruechtchen) 25. Februar 2019
Unternehmen haben oft die einfachsten Hausaufgaben nicht gemacht.
Verständlich, sich da irgendwie bescheuert zu fühlen. Das erlebe ich häufig und ist eine der einfachsten Hausaufgaben, die Unternehmen machen können: Bitte prüft, was Ihr potentieller Kundschaft versprecht, anpreist oder erklärt. Es ist wirklich wichtig, hier immer wieder abzugleichen und beide Seiten auf den selben Wissenstand zu bringen. Das Fitnessstudio, das auf der Website schreibt „Komm einfach zu einem Probetraining vorbei!“ verliert die beschwingt aufschlagende Besucherin schnell wieder, wenn sie vor Ort dann auf jemanden trifft, der sowas sagt wie: „Hallo. Ja, Probetraining. Da muss ich mal schauen, wann das geht.“
Dieser Aufruf „einfach“ vorbeizukommen, ist übrigens einer der häufigsten Punkte, bei denen Werbetext der Website und Realität auseinanderfallen. Genauso finden wir das aber auch beispielsweise beim Hinweis vor, dass man das Thekenpersonal auf Allergene ansprechen darf. Da bin ich persönlich betroffen und kann von unzähligen Momenten berichten, in denen erst KollegInnen gefunden werden mussten, die dann holprig den entsprechenden Ordner suchten und überhaupt nicht geschult wurden auf solche Fragen freundlich zu antworten.
Also, wer sich gleich die Zeit nehmen mag: Einfach mal diesen Blogartikel an alle MitarbeiterInnen mit Kundenkontakt weiterleiten, damit die Antwort auf Terminanfragen per E-Mail künftig besser läuft. Und falls das bei Ihnen irgendwie kniffliger, anders oder individueller ist, ich helfe gerne.
Ihre Sina Kistner